Begleitpublikation zur Ausstellung «tierisch!»

Begleitpublikation zur Sonderausstellung «tierisch! Tiere und Mischwesen in der Antike» im Antikenmuseum Basel und Sammlung Ludwig vom 19. September 2021 bis 19. Juni 2022.

19.09.2021 –

19.06.2022

Tiere und Mischwesen

in der Antike

www.antikenmuseumbasel.ch

Medienpartner:

Die Ausstellung wird ermöglicht durch:

© Antikenmuseum Basel und Sammlung Ludwig, 2021

ISBN 978-3-905057-40-9

Gedruckt mit Unterstützung der Berta Hess-Cohn Stiftung.

Zwischen 15’000 und 10’000 v. Chr. wird der prähistorische Mensch als

Sammler und Jäger von der neuen Zivilisationsstufe der Bauer und Viehzüchter

überrollt. Einige Tiere und Pflanzen können domestiziert werden, die Lebens-

grundlage wird demnach erweitert und konsolidiert. Tiere insbesondere sind

nicht nur als Nahrungs- und Rohstofflieferanten wichtig, sondern auch in der

Landwirtschaft oder im Handel als Arbeitskräfte und Transportmittel unumgäng-

lich. Die Wertschätzung für diese «Leistung» verschafft den Tieren zusätzlich

Respekt: Der Fleischverzehr ist nur im beschränkten Rahmen einer religiösen

Handlung möglich, das Tier wird «dankbar» geopfert, und vor der Tötung er-

wartet der Mensch sogar das symbolische «Einverständnis» des Opfers.

Dass Tiere über ausserordentliche Fähigkeiten verfügen, ist schon sehr früh

aufgefallen und stellt ein Überbleibsel der Zeit der, als wilde Tiere vorwiegend

als Bedrohung der menschlichen Gesellschaft wahrgenommen wurden. Kraft,

Potenz, Schnelligkeit, Wendigkeit, Angriffslust, Spürsinn, Sensibilität, vielleicht

auch die Fähigkeit, künftige Ereignisse zu erahnen, haben die Menschen an der

Tierwelt immer fasziniert. Somit bleibt auch in der Zivilisation der Bauern und

Viehzüchter die Tierwelt stets zwiespältig. Tiere sind Helfer, jedoch – zusammen

mit dem unkontrollierten Wuchern der Natur und der Mächtigkeit der Natur-

ereignisse – stellen sie in der Wildnis einen Raum der Gefahren ohne Regel und

ohne Gesetze ausserhalb der Stadt dar. Der Wald und das Gebirge werden zum

Gegenpol der von Menschen und für Menschen geschaffenen Welt der Häuser,

Strassen und öffentlichen Plätze, die das strukturierte, gemeinsame und politische

Leben ermöglichen. Wilde Tiere wie Löwen, Eber, Stiere oder Schlangen be-

wohnen naturgemäss diese Räume am Rande der Zivilisation und bedrohen sie

mit ihrem ungebändigten Wesen. Immer wieder muss ein Mensch mit ausser-

ordentlichen Fähigkeiten – ein Held wie Herakles, Theseus, Perseus oder Ödipus

– sie in höchster Not bekämpfen, weil sie die Felder verwüsten, Hirten, Herden

oder Reisende überfallen oder gar Menschen fressen.

Diese Dynamik kennt eine unheimliche psychologische Entwicklung, die in

unserer Ausstellung besonders thematisiert wird. Der Mensch ist stets mit Misch-

wesen konfrontiert. Diese sind Monster, die sich aus Teilen von unterschiedlichen

Tieren zusammenstellen, ihre Kräfte deswegen überhöhen und dadurch für die

Vorwort – Das Tier in uns

Menschen besonders gefährlich werden. Das ist jedoch nur ein Teil der Geschichte.

Nicht von ungefähr sind die ersten überlieferten Mischwesen Menschen mit

Tierteilen: Die Sphinx ist ein Löwenmensch, die Sirene ein Vogel mit Menschen-

kopf, der Kentaur ein Pferd mit menschlichem Oberkörper, Silen und Satyr sind

Menschen mit Eselsohren und Pferdeschwanz. Die Vermutung liegt nahe, in

diesen Wesen eine komplexe Projektionsfläche der menschlichen Psyche zu

sehen. Der Mensch mutiert ins Monsterhafte, dieser unheimliche Teil von unserem

Dasein wird in schrecklichen Wesen verewigt, die unsere Existenz herausfordern

und bekämpft werden müssen. Der griechische Mensch ist analytisch und

fordernd zugleich, er scheut den eigenen Abgrund nicht und steht sich selbst im

Weg. Schon nur deswegen lohnt sich heute noch, diese Ausstellung zu sehen

und – einmal mehr – selbst im Fokus zu sein!

Ich danke allen Mitarbeitenden des Antikenmuseums – allen voran dem

Kurator Laurent Gorgerat und der Gestalterin Trinidad Moreno – für die durch-

dachte, tiefgründige und emotionsbeladene Umsetzung der Ausstellung, die

parallel in drei anderen Basler Museen (das Museum der Kulturen, das Historische

Museum und das Pharmaziehistorische Museum) mit jeweils unterschiedlichen

Facetten und einem gemeinsamen Begleitprogramm konzipiert wurde. Ins-

besondere danke ich auch den unzähligen privaten und öffentlichen Leihgebern,

die im Impressum aufgeführt sind. Und ganz besonders danke ich allen Geld-

gebern – privaten Donatoren und Mäzenen sowie den Stiftungen –, ohne die

die Ausstellung in keiner Weise hätte finanziert werden können. Die Stiftung «In

memoriam Adolf und Margreth Im Hof-Schoch» hat zusätzlich zu einem gross-

zügigen finanziellen Beitrag auch unzählige Leihgaben der Sammlung Eva

Maximiliane Pollak-Im Hof zur Verfügung gestellt, die dem Basler Antikenmuseum

auf unbestimmte Zeit anvertraut wurden. Allen diesen Akteuren bin ich zutiefst

dankbar, mit dem Kanton Basel-Stadt bilden sie das Fundament unseres Museums.

Dr. Andrea Bignasca

Direktor

Antikenmuseum Basel und Sammlung Ludwig

Inhalt

Vorwort ................................................. 2

Mensch und Tier ............................. 6

Mensch und Tier.

Ein ambivalentes Verhältnis .................... 9

Tiere in der Bildwelt des alten Ägypten ... 14

Die wilde Natur ...................................... 21

Tierfriese ............................................ 22

Herrin der Tiere .................................. 25

Löwe .................................................. 28

Die gezähmte Natur ............................... 31

Tieropfer ............................................. 34

Mischwesen .................................... 36

Mischwesen der klassischen Antike ........ 38

Sphinx ................................................ 43

Greif ................................................... 49

Sirene ................................................. 53

Kentauren ........................................... 60

Satyrn und Silene ................................ 64

Gorgo Medusa .................................... 67

Chimaira und Pegasos ......................... 72

Mitten unter uns.

Mischwesen in der Popkultur ................. 75

Mischwesen der Gegenwart.

Vom gottesfürchtigen Menschen

der Antike zum emanzipierten

Cyborg der Neuzeit ................................ 82

Mensch vs. Wild ............................. 90

Der ewige Kampf um Zivilisation ........... 92

Herakles und der Nemeische Löwe .... 97

Herakles im Kampf gegen

weitere Ungeheuer ............................ 100

Kentauromachien ............................... 104

Theseus gegen den Minotauros ......... 106

Ödipus und die Thebanische Sphinx .... 110

Perseus gegen die Gorgo Medusa ....... 112

Literatur ................................................. 114

Impressum ............................................. 116

◁ Abb.1

Gefäss in Form eines Löwenkopfes

Plastisches Gefäss aus gebranntem Ton,

frühes 6. Jh. v. Chr., Ost-Griechenland

Inv. BS 312

© Antikenmuseum Basel und Sammlung Ludwig /

Foto: Andreas F. Voegelin

Mensch

und Tier

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 100 101 102 103 104 105 106 107 108 109 110 111 112 113 114 115 116 117 118 119 120 121 122 123

Made with Publuu - flipbook maker