WIRTSCHAFT
IM OSTEN
2025 € 3,50
ISSN 2190–4464
WIRTSCHAFTSMAGAZIN
AUS UND ÜBER
SACHSEN-ANHALT06
06 · 2025
BAUM ODER
BETON
GRÜNE STÄDTE ALS
PLATZ ZUM LEBEN
BILDNACHRICHT
Foto: K. Gleich
In transparenter Schönheit blickt Mecht-
hild von Magdeburg vom Fürstenwall der
Elbestadt auf den Fluß. Ganz im Zeichen
ihrer sieben Bücher „Fließendes Licht der
Gottheit“. Dieser Titel war auch die Inspi-
ration für die durchsichtige Gestaltung der
Skulptur.
Etwa mit 20 Jahren zog sie wahrscheinlich
in die Stadt, wo sie 40 Jahre als Begine leb-
te. Beginen sind Mitglieder religiöser Lai-
engemeinschaften, die ihr Leben der Hilfe
für Kranke, Arme und Sterbende widmeten.
Um 1250 begann sie auf Zuspruch ihres
Beichtvaters, des Dominikaners Heinrich
von Halle, über ihre mystischen Erfahrun-
gen zu schreiben.
Vor der Erstveröfentlichung ihres Ofen-
barungsbuches 1869 war die Begine so
gut wie unbekannt, unter anderem die
feministische Mittelalterforschung des
20. Jahrhunderts machte sie zu einer Iko-
ne der Frauenmystik, berechtigt durch die
hohe dichterische Qualität ihres Werks.
In fließendem
Licht
06/2025
3
EDITORIAL
Es ist eine Zeit der schlechten Nach-
richten. Jeden Tag flattern Meldun-
gen auf die Schreibtische, in denen
es um die schlechte Stimmung in der
Wirtschaft,
um
Stagnations-Prog-
nosen der Wirtschaftsinstitute, um
Zölle, die wieder verschoben werden,
und um einen grausamen Krieg ge-
hen, der scheinbar näherkommt.
Da fällt es schwer, nicht selbst in De-
pressionen zu verfallen, sondern nach
den Dingen Ausschau zu halten, die
Hoffnung versprechen. Und die gibt es.
Schwierige Zeiten scheinen Unter-
nehmer, Wissenschaftler und junge
Startups zu motivieren, Ideen zu ent-
wickeln. Schkopau ist so ein Beispiel.
Die Stadt in der Nähe von Halle hat
nicht nur die längste Eisenbahnbrü-
cke Europas, sondern hier entsteht ein
Unternehmen, das vielleicht einmal
für die Ernährung eine Schlüsselfunk-
tion hat. Dort fand in diesen Tagen
der Spatenstich für den Neubau eines
Werkes statt, in dem voraussichtlich ab
2027 aus verbranntem Klärschlamm
wertvolles Phosphor gewonnen wird.
Wissen muss man, dass Phosphor ein
sogenanntes Ewiges Element ist, dass
nicht vernichtet werden kann, dessen
Gewinnung aber extrem schwierig ist.
Ohne Phosphor gäbe es keine Dünge-
mittel mehr, die Landwirtschaft würde
vermutlich nur noch einen Bruchteil
produzieren und Lebensmittel äußerst
knapp werden. Wissen muss man auch,
dass Phosphor bei den bekannten La-
gerstätten noch etwa 70 Jahre lang rei-
chen wird. Und dann?
Derzeit landet das wertvolle Pulver als
Ausscheidung im Klärbecken der Was-
seraufbereitung, dann im Schlamm
als Dünger auf dem Acker. Damit ist
es dann meist verloren oder wird vom
Regen in die Flüsse gespült. Die vertra-
gen zu viel davon auch nicht gut.
Das Werk in Schkopau gewinnt mit ei-
nem neuen Verfahren reines Phosphor
zurück, das als Dünger wiederverwer-
tet werden kann. So etwas kann man
getrost als Weltenretter bezeichnen.
Oder das neue Werk in Magdeburg
im Industriehafen, in dem vollauto-
matisch ausgemusterte, kaputte So-
larpanels recycelt werden. Drei junge
Wissenschaftler haben sich das Ver-
fahren ausgedacht und sind weltweit
die ersten, die aus den alten Photovol-
taikplatten bis zu 98 Prozent der wert-
vollen Stoffe, wie Silizium oder Silber,
herausholen. Und das rein mechanisch,
ohne Verbrennen oder chemische Zer-
legung. Das macht Hoffnung, dass die
Millionen – tatsächlich sind es Millio-
nen – der Module, die in den nächsten
Jahren als Müll anfallen, nicht die end-
lichen Ressourcen der Erde vollends
geplündert haben.
Es gibt also Licht am Ende des Tunnels.
Über diese Beispiele hat
in den
zurückliegenden Ausgaben ausgiebig
berichtet. Aber auch in dieser finden
sich weitere Hoffnungsträger.
Viel Spaß beim Lesen wünscht …
Rolf-Dietmar Schmidt
Chefredakteur und Herausgeber
Aboservice:
Tel. 0391 25 85 75 11
abo@aspekt-magazin.de
Redaktion:
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des Herausgebers
Rolf-Dietmar Schmidt
Rolf-Dietmar Schmidt
Chefredakteur und Herausgeber
Licht am Ende des Tunnels
4
06/2025
INHALT
10
Freibäder
wieder ofen
06
Neo Rauch
Zeichnungen
06
17
Roboter-
kuss
IHK-Präsidien tagten
mit Ministerpräsidenten
10
Durian-Frucht-
Neubau
06/2025
5
„Neue Wege“
im Ballett
40
31
42
Forschungszentrum
für Chemie
Außenministertrefen
in Rio
Editorial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
Leserbriefe/Sonstiges . . . . . . . . . . . . . . 6
Kolumne: Straucheln statt Dating . . . . . . . 7
SACHSEN-ANHALT AKTUELL
200 Jahre Klosterbergegarten . . . . . . . . . . 8
Patientenandrang in der Teddy-Klinik . . . . . 8
Musikfest Fête de la musique . . . . . . . . . . 9
Orgelfestwoche. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
TITELTHEMA
Termiten – Städtebaumeister
der Zukunft? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
OST BAU feiert 35 Jahre-Jubiläum . . . . . . . . 11
Real Estate Arena:
Immobilienwirtschaft wird digitaler . . . . . . 12
Neue Wohnungen bauen . . . . . . . . . . . . . 14
WIRTSCHAFT
Kessel aus Köthen . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
IHKn: Bundesregierung muss handeln. . . . . 17
Jugend forscht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
Mehr als die Hälfte heizt mit Gas . . . . . . . . 19
125 Jahre Handwerkskammer Magdeburg . 20
BUNDESAGENTUR FÜR ARBEIT
Ofene Stellen online melden . . . . . . . . . . 21
Pflege und Teilzeit – Frauendomäne . . . . . . 21
POLITIK
Gipfeltrefen für gebeutelte
Branchen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
BUND DER SELBSTÄNDIGEN
Rechtzeitig anmelden: Drei Tage
Wirtschaft zum Anfassen . . . . . . . . . . . . 23
NATUR UND UMWELT
Landwirtin aus Leidenschaft. . . . . . . . . . 24
HARTE FAKTEN
Weniger Autos besser
als Elektroautos. . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
ENERGIE
SWM: Lichtwellenleiter
fürs Rechenzentrum . . . . . . . . . . . . . . . 28
Verlorene Luft kostet Geld und Energie . . . 29
LENA-Tipp . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
WISSENSCHAFT
Autonomer Shuttle-Bus
im Wissenschaftshafen . . . . . . . . . . . . . 30
Chemie-Forschung für
Kreislaufwirtschaft. . . . . . . . . . . . . . . . . 31
GESUNDHEIT
Künstliche Muskeln . . . . . . . . . . . . . . . 32
Risiko Bluthochdruck . . . . . . . . . . . . . . 34
Das „springende“ Erbgut . . . . . . . . . . . . 35
Lebensbedrohliche Infektionen
in der Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
Behandlungsfehler melden . . . . . . . . . . 37
GANZSEITENFOTO
Die transparente Begine . . . . . . . . . . . . . 2
Weniger Autos sind besser. . . . . . . . . . . 26
Ballett „Neue Wege“ . . . . . . . . . . . . . . . 40
KULTUR
Neue Spielzeit im Blick . . . . . . . . . . . . . 38
Ballett „Neue Wege“ . . . . . . . . . . . . . . . 40
AUSLAND
Teil VIII: Die „Multipolare Welt“
nimmt Formen an – Außenminister-
trefen in Rio. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
IMPRESSUM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
ASPEKT-VORSCHAU . . . . . . . . . . . . . . . 46
Ausgabe 06/2025
Baum oder Beton – Grüne Städte
als Platz zum Leben
6
06/2025
aspekt Mai 2025, Seite 10
Das Ende muss der Anfang sein
Keine Vernunft in Sicht
Das Ende muss der Anfang werden – wie
wahr. Wenn wir es nicht schaffen, radikal
zu beenden, was wir bei der Umgestaltung
der Welt begonnen haben, dann ist das das
Ende. Wenn ich allerdings höre, welche
Anstrengungen unternommen werden, noch
mehr zu produzieren, die Wirtschaft wieder
in Schwung zu bringen, dann ist sonnenklar,
dass alle Vernunft verpufft, wenn es um
Gewinn und Geld geht.
Cornelia Schreiber, Magdeburg
Was war gemeint?
Ich habe lange über den aspekt-Titel nach-
gedacht. Ganz klar ist mir nicht geworden,
ob es um das Ende des Planeten oder aber
den Gedankenkreis geht, beim Beginn der
Produktion eines Erzeugnisses darüber
nachzudenken, was man damit macht, wenn
es nicht mehr gebraucht wird oder kaputt ist.
Frank Stürmer, Querfurt
d. Red.: Wir haben bei der Planung auch
lange nachgedacht und sind zu dem Schluss
gekommen, dass es um beides geht. Der
Gedanke der Kreislaufwirtschaft beginnt mit
dem Ende des Produkts und ist gleichzeitig
im Sinne des Ressourcenverbrauchs der
Schlüssel für den Erhalt der Lebensgrundla-
gen der Menschen.
LESERBRIEFE
Leserbriefe
Das Foto des Monats schickte uns Ronald Schering aus Halle mit einem Smiley, das
wohl bedeuten sollte, das Foto nicht zu ernst zu nehmen.
Sein Kommentar: Mit Künstlicher Intelligenz sind die tollsten Dinge möglich. Die Re-
daktion sollte rätseln, ob das Foto tatsächlich in Taiwan oder mit KI in Halle entstanden
sei. Wir haben uns für Halle entschieden.
FOTO DES MONATS
aspekt Mai 2025, Seite 16
Methanol – Lösung aller
Autoprobleme?
140 Jahre Automobil
Man wird den Eindruck nicht los, dass nach
exakt 140 Jahren Automobil dessen Ende
naht. Das Elektro-Auto wird ein Gefährt für
Leute mit einem Einfamilienhaus oder auf
dem Lande bleiben. In einer Großstadt mit
Mehrfamilienhäusern kann das beim besten
Willen nicht funktionieren. Da müsste man
die Fahrzeuge stapeln, und dann würde der
Strom nicht reichen. Sieht das denn keiner?
Nur um die Automobilindustrie zu retten,
wird der größte Unsinn vollbracht. Da ist die
Methanol-Idee, von der aspekt schreibt, ein
völlig neuer Gedanke. Und der kommt auch
noch aus Österreich, wo man behauptet, der
eigentliche Erfinder des Automobils zu sein.
Dr. Heinrich Verfelde, Berlin
aspekt, Mai 2025, Seite 32
Wissenschaftlicher Durchbruch
im Kampf gegen Krebs
Kein Interesse?
Da wird in Magdeburg im Uni-Klinikum eine
Entdeckung gemacht, die meiner Meinung
nach den Nobel-Preis verdient hätte, aber
außer in Ihrem Medium habe ich so gut
wie nichts davon gehört. Interessiert denn
keinen ein so wichtiger Schritt im Kampf
gegen den Krebs?
Lydia Sternbar, Wernigerode
06/2025
7
KOLUMNE
Straucheln statt Dating
Mario ist ein guter Freund von mir. Er
ist nicht mehr jung, aber auch nicht
alt, treibt Sport, hat zwar nur noch
wenig Haare, aber die sind immer ex-
akt gekämmt. Mario hat nur ein Pro-
blem: Er ist Single und sucht schon
lange nach einer Partnerin, die ihn
versteht, und die er auf Händen tra-
gen möchte. Na gut, letzteres ist ein
wenig übertrieben, denn hier und da
klagt er auch schon mal über Rücken-
schmerzen, und die Kontaktlinsen
verträgt er nicht.
Ich trefe ihn an einem Sonntagnach-
mittag, fein herausgeputzt, mit Jackett
und Einstecktuch. Er dufet wie die Fili-
ale eines bekannten Düfeanbieters und
hat es sehr eilig.
„Wohin so schnell“, will ich wissen,
„es ist Sonntag, da hat man doch mal
Zeit?“ „Wo denkst du hin“, kommt die
hastige Antwort, „ich habe ein Date.“
Das macht mich neugierig. „Aha“,
will ich wissen, „hat es nach so langer
Zeit doch noch geklappt. Wer ist die
Glückliche?“
„Das weiß ich noch nicht“, macht
er eine abwehrende Handbewegung,
„ich lerne sie erst heute richtig kennen.
Nach zehn Versuchen auf einem Da-
ting-Portal bin ich aber ziemlich sicher:
Diesmal klappt´s!“ Mehr Zeit hat er für
mich nicht, ist schon auf dem Weg zu
seinem Trefen. Dabei wollte ich ihm
gerade erzählen, was ich kürzlich von
einem Dating-Coach – so etwas gibt
es wirklich – gehört habe. Der meint,
mit den Kennenlernen-Apps sei es, wie
mit einem Glücksspielautomaten. Man
hofe ständig auf einen Gewinn, aber
eigentlich gehe es nur darum, immer
weiter zu spielen. Wie könne es sonst
sein, dass es so viele Kennenlern-Mög-
lichkeiten dank Digitalisierung wie nie
gebe, aber die Zahl der Einsamen, die
keinen Partner fänden, immer größer
werde?
Die Frage ist gut und hat mich nach-
denklich gemacht. Der Psychologe, der
das sagt, hat noch mehr Argumente.
„Dating-Apps sind nicht darauf aus-
gerichtet, Beziehungen zu stifen – sie
sind darauf programmiert, uns mög-
lichst lange in der App zu halten.“ Das
schreibt er in einem Flyer, der mir zu-
fällig in die Hände geraten ist, denn ich
bin schon lange in einer glücklichen
Beziehung. Aber es geht noch weiter:
Das Swipen – das ist ein Fachausdruck
in der Dating-Branche – folge psycho-
logischen Prinzipien, die ursprünglich
in Experimenten mit Tauben erprobt
wurden. Ein endloser Kreislauf aus klei-
nen Dopamin-Kicks, der süchtig mache,
aber nicht zum Ziel führe.
Das alles hätte ich gern Mario mit auf
den Weg zu seinem Date gegeben, damit
er vielleicht nicht wie ein Täuberich im
Experiment gurrt. Vielleicht wäre das
erfolgreicher, denn zehn Nieten machen
schon nachdenklich. Allerdings hat er
mir keine Chance gegeben, ihn von sei-
nem Irrweg abzuhalten.
Nachdenklich geworden blättere ich
zu Hause in dem Flyer. Vielleicht fnde
ich ja noch weitere überzeugende Worte.
Da fällt mir auf, dass der Psychologe auf
der Gute-Ratschläge-Seite darauf ver-
weist, dass er selbst ein Dating-Portal
betreibt. Allerdings nicht irgendeines,
sondern eins für Dating-Apps-Ent-
täuschte. Das ist nicht ganz billig, soll
aber auf jeden Fall zum Erfolg führen.
Irgendwie bin ich froh, dass ich Ma-
rio nicht mit Tauben-Sprüchen abgehal-
ten habe. Immerhin wünsche ich ihm,
dass es vielleicht doch klappt.
Ein paar Wochen später trefe ich ihn
erneut. An seiner Seite, Hand in Hand,
eine freundliche, nicht ganz junge, frau-
liche Frau. Beide strahlen mit der Sonne
um die Wette. Ich freue mich für das
verliebte Pärchen, raune Mario leise
zu: „Also hat Nummer Elf doch funkti-
oniert?“ Sie hat es doch gehört, beide la-
chen herzlich: „Nein, wird sind bei einer
Radtour ins Straucheln geraten“, und
zeigen mir die verbundenen Unterarme.
Das verbindet!“
Derzeit ist in der Grafkstifung Neo
Rauch eine neue Ausstellung zu sehen.
Diese 13. Jahresausstellung widmet
sich der Kindheit des Künstlers und
zeigt Papierarbeiten aus den Jahren
1965 bis 1968.
Neo Rauch wurde in diesem Jahr 65 und
passend dazu werden 100 Papierarbeiten
aus den frühen Jahren 1965 bis 1968 in
Aschersleben gezeigt. Diese frühe Lebens-
phase ist insofern spannend, da er hier
bereits seine Umgebung intensiv wahr-
nahm und mit kindlicher Intuition und
hoher Phantasie Beobachtungen zeichne-
risch erfasste. In Ergänzung sind aktuelle
Arbeiten zu sehen – drei Lithographien
und zwei großformatige Arbeiten Öl auf
Papier, welche gleichsam wie ein Spagat
in die Gegenwart führen. Die freie Kind-
heitszeichnung als eine eigene künstle-
rische Ausdrucksform wurde Ende des
19. Jahrhunderts von Kunsthistorikern
wie Alfred Lichtwark und Pädagogen wie
Carl Götze entdeckt und in Ausstellungen
sowie Büchern thematisiert.
Die Grafkstifung Neo Rauch ist Träger
des gleichnamigen Museums in der Stadt
Aschersleben und hat sich seit 2012 zu ei-
nem lebendigen Ort für zeitgenössische
Kunst in Sachsen-Anhalt entwickelt.
8
06/2025
SACHSEN-ANHALT AKTUELL
Der Klosterbergegarten in Magdeburg wur-
de vor 200 Jahren von Peter Joseph Lenné
als Park für das Volk angelegt.
Zum Jubiläum findet in dem im Park gele-
genen Gesellschaftshaus eine Ausstellung
statt. Das Gesellschaftshaus wurde nach
Plänen des berühmten Berliner Architekten
Karl Friedrich Schinkel errichtet.
Foto: Wikimedia
Wie jedes Jahr gab es auch diesmal
Mitte Mai die Große Teddyklinik
2025, um Kindern spielerisch die
Angst vorm Arzt zu nehmen. Erneut
verwandelte sich die Wohnheimwie-
se am Uni-Klinikum in Magdeburg
in ein liebevoll gestaltetes Zeltkran-
kenhaus für Stofftiere.
Die Große Teddyklinik, organisiert
von Medizinstudierenden der Otto-
von-Guericke-Universität Magdeburg,
ging damit in die 16. Runde. Im Mit-
telpunkt standen wie immer die klei-
nen Patienten – und zwar in doppelter
Hinsicht: Kinder aus zahlreichen Mag-
deburger Kitas durften ihre plüschigen
Lieblinge zur Untersuchung bringen
und dabei selbst in die Rolle fürsorgli-
cher Eltern schlüpfen.
Ziel der Aktion ist es, Berührungs-
ängste mit dem Thema „Arztbesuch“
abzubauen und kindgerecht medizi-
nisches Wissen zu vermitteln. Schon
lange vor dem Eröffnungstermin hat-
ten sich mehrere hundert Kita-Kinder
angemeldet.
Foto: Neo Rauch-Stiftung,
Foto: Archiv/Kossmann/UMMD
Neo – Zeichnungen 1965 bis 1968
Teddy-Klinik mit hunderten Patienten
Das traditionelle Musikfest Fête de la
musique fndet am 21. Juni 2025 in
vielen Städten Sachsen-Anhalts statt.
Die Beaufragte für die deutsch-fran-
zösischen Beziehungen und Leiterin
des Institut français Sachsen-Anhalt,
Kulturattachée, Julie Burgheim, erklärt:
„Die Fête de la Musique steht für Uni-
versalität, künstlerische Freiheit und
gelebtes Gemeinschafsgefühl. Sie feiert
Musik als verbindende Kraf – von allen,
für alle – ofen, spontan und kostenlos.
Ein Fest, das Menschen, Deutschland
und Frankreich, Sachsen-Anhalt und
Centre-Val de Loire zusammenbringt –
jenseits von Grenzen, Genres und Ge-
nerationen.
Die „Fête de la musique“ fndet traditi-
onell am 21. Juni, dem kalendarischen
Sommeranfang, statt. In diesem Jahr
wird sie unter anderem in folgenden
Städten ausgerichtet: Magdeburg, Hal-
le, Aschersleben, Sangerhausen, Naum-
burg, Salzwedel, Köthen, Quedlinburg
und im Kloster Michaelstein. Das Fest
bringt Musik auf die Straßen und Plät-
ze der beteiligten Städte und begeistert
jährlich über 20.000 Besucher.
06/2025
9
Das traditionelle Musikfest Fête de
la musique findet am 21. Juni 2025 in
vielen Städten Sachsen-Anhalts statt.
Hier ein Archivbild aus dem Vorjahr
in Halle/Saale.
Für die Magdeburger Freibäder und
Naherholungszentren hat die neue Saison
begonnen. Die beiden Naherholungszentren
Barleber See und Neustädter See sowie
das Freibad Süd warten auf Besucher. Das
Erich-Rademacher-Bad ebenso, das Carl-
Miller-Bad öfnete am 31. Mai. Die Lan-
deshauptstadt Magdeburg hat ihre Bäder
und Anlagen in den vergangenen Wochen
für den Saisonstart hergerichtet. Pflege-,
Umbau- und Reparaturen kosteten rund
158.000 Euro. Alle Bäder sind gut gerüstet
für eine sichere und erholsame Badesaison.
Die Öfnungszeiten orientieren sich sowohl
an den Badegästen als auch am Wetter.
In der Magdeburger Nicolaigemeinde gibt es einen Grund zum
Feiern. Nach längerem Einsatz vieler Enthusiasten wird die neue
Orgel, die von der Firma Groß gebaut wurde, eingeweiht. Der
Konzertverein des Kirchspiels Magdeburg-Nord hat hierzu eine
Festwoche geplant, in der man erleben kann, wie vielfältig und
bereichernd das neue Instrument ist.
Die hervorragende Akustik in dem Schinkelbau hat die Orgelbauer
dazu animiert, ein innovatives Instrument zu entwickeln, das aber
auch die klassizistischen Vorlagen des Kirchenraumes aufnimmt.
Durch zwei bewegliche Spieltische kann mit anderen Instrumenten
besonders gut zusammengespielt werden. All dies ist in der Fest-
woche zu erleben. Am 15. Juni ist um 14 Uhr der Einweihungsgottes-
dienst. Hier erklingt eine Komposition für Chor und Orgel,
die eigens dafür geschrieben wurde.
Foto: Nicolaikirche Magdeburg
Foto: Archiv/Erlebnisfabrik Halle
Jenseits von Grenzen, Genres und Generationen
10
06/2025
Noch hat sich die Erkenntnis, wie
wichtig Stadtgrün im heißen Som-
mer ist, nur stellenweise durchgesetzt.
Eine gemähte Wiese in der Stadt
bringt keinen spürbaren Efekt gegen
Hitze. Da müssen Bäume her, große
Bäume. Ein Wald senkt die Tempera-
turen um etwa fünf Grad. Aber in ei-
ner Großstadt ist kein Platz für einen
Wald, für einzelne Bäume schon.
Ein Beispiel für verschenkte Möglich-
keiten ist die neue Pylonenbrücke über
die Elbe in Magdeburg. Enorm brei-
te Beton-Flächen für Fußgänger und
Radfahrer, der Rest ist Asphalt. Einige
gepfanzte Bäume im Umfeld, sonst
nichts. Hier hat eindeutig Beton gesiegt
Doch es geht auch anders, beispielswei-
se bei der Architektur von Gebäuden.
Die sind für knapp 40 Prozent der welt-
weiten CO2-Emissionen verantwort-
lich. Beton und Zement gehören zu
den größten Verursachern mit zusam-
men acht Prozent des weltweiten CO2-
Fussabdrucks. Auch wenn Städte nur
etwa vier Prozent der weltweiten Land-
fäche ausmachen, verbrauchen ihre
Einwohner große Mengen an Energie,
Wasser und Ressourcen. Gleichzeitig
stehen Städte aber für die efzienteste
Lebensweise der Menschen – mehr als
stadtnahe Gebiete und ländliche Sied-
lungen. Was also tun? Mit einem Blick
in die Natur, die über Erfahrung aus
Jahrmillionen verfügt, lässt sich viel
lernen. Mick Pearce, ein auf Nachhal-
tigkeit setzender Architekt, befasste
sich mit der Frage, wie das Eastgate
Development in Simbabwe am besten
belüfet werden könnte; das Eastgate ist
ein Einkaufszentrum und Bürogebäu-
de in der Hauptstadt Harare. Er fand
eine ungewöhnliche Inspirationsquelle:
Termiten. Sie bauen hoch aufragende
Hügel mit einem komplexen System
aus Löchern und Tunneln. So sorgen
sie für eine selbstregulierende „passive
Belüfung“: Die Löcher ermöglichen
einen internen Lufstrom und eine na-
türliche Konvektion, die tagsüber Wär-
me speichert und nachts wieder abgibt.
Die Insekten wissen ofensichtlich, was
sie tun. Eastgate verbraucht 90 Pro-
zent weniger Energie als Gebäude her-
kömmlicher Bauweise.
Neu sind solche Ideen nicht. Seit Lan-
gem schon lassen wir uns von der Na-
tur inspirieren, um Probleme zu lösen.
Im Bausektor möchte man noch weiter
gehen. Ein Umdenken bei Materialver-
brauch und Kreislaufwirtschaf ist mög-
lich, wenn man von den Anpassungen
in der Natur lernt.
Die von Seifenblasen, Pollenkörnern
und Libellenfügeln inspirierte Struk-
tur der Humid-Tropics-Biokuppel des
Eden-Projekts in Cornwall ist leichter
als die Luf, die sie enthält.
Der Erfolg in Simbabwe mit der Termi-
ten-Gebäudebelüfung wurde im aust-
ralischen Melbourne mit dem „Council
House 2“ kopiert. Das Singapore Arts
Centre wiederum ließ sich von der
Struktur der Durian-Frucht inspirieren:
So konnte der Energieverbrauch um 30
Prozent und der Bedarf an künstlicher
Beleuchtung um 55 Prozent gesenkt
werden.
Die Natur bietet auch Lösungen für
nachhaltige Baumaterialien. Das US-
amerikanische Unternehmen BioMason
baut Biozement an, für den Korallenrif-
fe Pate stehen: Der Zement bindet bei
der Herstellung Kohlenstof, anstatt ihn
freizusetzen. Erneuerbare Dämmstofe
wie Hanf oder Wolle haben eine höhe-
re Wärmekapazität als Mineralwolle. In
Kombination mit erneuerbaren Ener-
giequellen und Wärmepumpen werden
Fortschritte bei den Bemühungen um
kohlenstofneutrale Häuser real.
TITEL
Termiten – Baumeister künftiger Städte?
Der letzte Sommer hat gezeigt, dass 40 Grad Hitze im Sommer nicht undenkbar sind. Größere Städte
haben bereits Pläne erarbeitet, wie man der Gluthitze auf weiten Betonflächen, begegnen kann.
Doch die Ergebnisse beschränken sich meist auf Wasserspender und Straßenbäume.
Foto: Wikimedia