WIRTSCHAFT
IM OSTEN
2025 € 3,50
ISSN 2190–4464
WIRTSCHAFTSMAGAZIN
AUS UND ÜBER
SACHSEN-ANHALT05
05 · 2025
BEIM ANFANG
DAS ENDE BEDENKEN
2
05/2025
BILDNACHRICHT
Foto: Wikimedia
Hinter dem Rathaus der altmärkischen
Stadt Stendal recken sich die gotischen
Türme der Kirche St. Marien eindrucksvoll
in die Höhe. Die Kirche wurde 1283 erstmals
erwähnt. Zunächst wurde die St.-Marien-
Kirche als romanische Basilika gebaut. Im
späten 14. Jahrhundert erhielt dieser Bau
zwei Türme.
Ein einzigartiger Schatz in der Kirche ist
die astronomische Uhr, die sich unterhalb
der Orgelempore befindet. Sie ist, wie alle
astronomischen Uhren, mit drei mal drei
Metern sehr groß und entstand, wie im
Tierkreiszeichen Löwe zu erkennen, ist auf
das Jahr 1552 datiert.
Auf der Uhr kann man Informationen zum
Mondstand und dem Verlauf des astro-
nomischen Tierkreis-Jahres ablesen. Der
Zeitmesser weist neben dem großen und
kleinen Zeiger für die Uhrzeit zwei weite-
re Zeiger auf, die an ihren Enden mit dem
Mond, der Sonne und zwei Sternen besetzt
sind. Dabei zeigt der Sonnenzeiger auf den
aktuellen Monat und Tag, der am inneren
Zahlenkranz abgelesen werden kann.
Auf der Uhrenmitte ist eine kreisförmige
blaue Fläche mit Sternbemalung zu se-
hen, über die scheinbar eine kleine runde
Scheibe wandert. Diese Scheibe wird je
nach Mondphase ganz gelb oder teilweise
schwarz.
In den 1970er Jahre fand der Stendaler
Goldschmiedemeister Oskar Roever alte
Teile des Uhrwerkes und machte sich an
die langwierige Restaurierung. Nach zwei
Jahren Arbeit konnte die Uhr im Mai 1977
endlich wieder funktionstüchtig überge-
ben werden. Seit diesem Zeitpunkt wird sie
regelmäßig aufgezogen. Nach dem Tode
von Oskar Roever 2008 übernahm sein
Sohn Detlef die Aufgabe, die Uhr wöchent-
lich aufzuziehen und zu warten.
Astronomischer
Schatz in Stendals
Marienkirche
05/2025
3
EDITORIAL
Die
Wirtschaf
schwächelt.
Null-
Wachstum schätzt der Internationa-
le Währungsfonds für Deutschland.
Null-Wachstum gibt es gar nicht. Null
ist Null, also kein Wachstum.
Wäre die Politik bei den Wirtschafs-
Rahmenbedingungen so phantasievoll,
wie bei der Begrifsfndung – wir hätten
Null-Probleme.
Am Anfang bedenken, dass jede Hand-
lung Auswirkungen auf das Ende hat.
Dahinter steckt der Gedanke unseres Ti-
tels „Beim Anfang an das Ende denken“.
Das ist, zugegeben, ein Hintergedanke.
Schließlich haben wir gerade eine Re-
gierung gewählt, die am Anfang steht.
Deshalb sollte der Hinweis gerade für ihr
Handeln gelten. Doch, erfahrungsgemäß
wird das ignoriert.
Wachstum für die Wirtschaf, neuen
Schwung, efzientere Produktion. Das
schaf Steuereinnahmen, macht den
Staat stark. Die Augen glänzen, wenn
die Konjunktur-Euphorie die Sonntags-
reden ergreif. „Vorwärts immer, rück-
wärts nimmer“, das ist schon mal schief-
gegangen.
Nein, Schlechtreden gilt nicht, wenn-
gleich eine Meldung nachdenklich
macht, die kürzlich auf meinen Schreib-
tisch fatterte. „Am 3. Mai“, steht da,
„ist der German Overshoot Day oder
Erdüberlastungstag, der Tag, an dem
Deutschland seine natürlichen Ressour-
cen für 2025 rechnerisch verbraucht hat.“
Konkret heißt das: Würden alle Men-
schen so leben wie in Deutschland, wäre
die Erde am 3. Mai erschöpf. Denn dann
wären alle natürlichen Ressourcen, die
das globale Ökosystem in einem Jahr re-
produzieren kann, aufgebraucht. Anders
ausgedrückt: Mit dem deutschen Le-
bensstil bräuchte die Menschheit knapp
drei Erden. Sogar China steht besser da.
Ist es vor diesem Hintergrund wirklich
klug, mehr Wachstum zu fordern? Brau-
chen wir wirklich alles, was jeden Tag als
Angebot auf uns einprasselt? Das sind
schwierige Fragen. Was passiert, wenn
die Erdressourcen eines Tages aufge-
braucht sind? Gibt es dann Kriege um
Rohstofe?
In Schkopau entsteht eine moder-
ne Anlage zur Gewinnung von Phos-
phor aus der Asche von verbranntem
Klärschlamm. Es war eine kluge Ent-
scheidung der Landesregierung, die
Investition großzügig zu fördern. Fach-
leute haben errechnet, dass die weltwei-
ten Phosphorlagerstätten bei jetzigem
Verbrauch noch 70 Jahre reichen. Doch
ohne Phosphor-Dünger wächst auf Fel-
dern und Gärten nur ein Bruchteil von
dem, was wir zum Essen brauchen. Hun-
gersnöte wären die Folge.
Das ist nur ein Beispiel. Es gibt noch
mehr, auch in dieser Ausgabe.
Wenn wir nicht umdenken, uns auf
Kreislaufwirtschaf und Rückgewinnung
konzentrieren, dann sind irgendwann
die Lebensgrundlagen erschöpf. Die
Erde existiert trotzdem weiter. Dann
eben ohne Menschen. Auch dieses Ende
sollte eine Regierung bedenken, die ge-
rade am Anfang steht.
Viel Spaß beim Lesen wünscht …
Rolf-Dietmar Schmidt
Chefredakteur und Herausgeber
Aboservice:
Tel. 0391 25 85 75 11
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Redaktion:
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des Herausgebers
Rolf-Dietmar Schmidt
Rolf-Dietmar Schmidt
Chefredakteur und Herausgeber
Vor dem Handeln denken
4
05/2025
INHALT
12
Drei Gründer
und eine Vision
08
Steinzeitdorf ist
wieder ofen
06
30
Europa und
der Stier
Drohnen-Studenten
in Cochstedt
10
Das Ende muss
der Anfang werden
05/2025
5
Kasper-Theater
Festival
39
36
40
17. Domfestspiele
im Dom
Dafür kann man
nicht dagegen sein
Editorial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
Leserbriefe/Sonstiges . . . . . . . . . . . . . . 6
Kolumne: Über Bande spielen . . . . . . . . . 7
SACHSEN-ANHALT AKTUELL
Kein Schif in Sicht . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
„Blutbuch“ in Berlin . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
Industrieerinnerungen . . . . . . . . . . . . . . 9
Werkstof für Ende und Anfang . . . . . . . . . 9
TITELTHEMA
Das Ende muss der Anfang werden . . . . . . 10
Drei Gründer und eine Vision
für den Planeten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
WIRTSCHAFT
Volksbanken ziehen Bilanz . . . . . . . . . . . . 14
Macht Methanolauto
das Rennen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
Maßgeschneiderte Logistik . . . . . . . . . . . 18
Kreative in BESTFORM . . . . . . . . . . . . . 20
Wasserstof nach Leuna . . . . . . . . . . . . 22
BUNDESAGENTUR FÜR ARBEIT
LKW-Fahrer gesucht . . . . . . . . . . . . . . . . 21
BUND DER SELBSTÄNDIGEN
Interview: Hilfe zur Selbsthilfe
in der Pflege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
BDS-Ortsverband Halle und
Umgebung in Gründung . . . . . . . . . . . . 23
NATUR UND UMWELT
Schadstofe mit Zwischen-
früchten entfernen . . . . . . . . . . . . . . . 24
HARTE FAKTEN
„Blauer Dunst“ in Zahlen . . . . . . . . . . . . 26
ENERGIE
SWM: Lust zu stromern? . . . . . . . . . . . . 28
„Efizienzsiegel für Energiegewinner“
an IPT Pergande GmbH
in Weißandt-Gölzau . . . . . . . . . . . . . . . 29
LENA-Tipp . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
WISSENSCHAFT
Start frei für Drohnenstudenten
in Cochstedt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
Durchbruch im Kampf gegen Krebs . . . . . 32
GESUNDHEIT
Elektronische Ohrstöpsel . . . . . . . . . . . . 34
Der Grif zum Alkohol . . . . . . . . . . . . . . 35
GANZSEITENFOTO
Astronomischer Schatz
in Stendal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2
„Blauer Dunst“ in Zahlen. . . . . . . . . . . . . 26
Zwickmühle: Dafür kann man
nicht dagegen sein . . . . . . . . . . . . . . . 40
KULTUR
Förderpreis für junge Künstler. . . . . . . . . 38
Bedeutsames Kaspertheater . . . . . . . . . 39
Zwickmühle: Dafür kann man
nicht dagegen sein . . . . . . . . . . . . . . . 40
AUSLAND
Teil VII: Die „Multipolare Welt“
nimmt Formen an – Nigeria . . . . . . . . . . 42
IMPRESSUM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
ASPEKT-VORSCHAU . . . . . . . . . . . . . . . 46
Ausgabe 05/2025
Beim Anfang
das Ende bedenken
6
05/2025
Liebes aspekt-Team,
wir gratulieren ganz herzlich zu 15 Jahren er-
folgreicher Recherche und Berichterstattung
rund um Wirtschaftsthemen aus der Region.
Ihre monatlichen Ausgaben sind für uns als
Abonnent eine inspirierende Informations-
quelle. Besonders schätzen wir, dass Sie Ihr
Schwerpunktthema nicht eindimensional be-
trachten, sondern auch der Gesundheit eine
feste Größe einräumen. Für diesen Bereich
dürfen auch wir als BARMER immer wieder
Impulsgeber und Themenlieferant sein. Dafür
vielen Dank.
Wir wünschen weiterhin gutes Gelingen bei
allen Vorhaben und vertrauen auf eine gute
Zusammenarbeit.
Axel Wiedemann
Landesgeschäftsführer der BARMER
in Sachsen-Anhalt
Sachsen-Anhalt bekannt machen
Herzlichen Glückwunsch zum Jubiläum.
Monat für Monat lesen wir in „aspekt“ über
selbstbewusste Menschen und erfolgreiche
Unternehmen aus Sachsen-Anhalt. Das hat
einen Grund. „aspekt“ hat sich auf die Fahnen
geschrieben, unser Bundesland mit seinen
Leistungen, Innovationen und seiner viel-
fältigen Geschichte auch in den westlichen
Bundesländern bekannter zu machen. Das
gelingt mehr und mehr.
Torsten Scheer,
Pressesprecher, IHK Magdeburg
Liebes aspekt-Team,
herzlichen Glückwunsch zu den ersten
15 Jahren Ihres anspruchsvollen Qualitäts-
LESERBRIEFE
Leserbriefe
Am Treppenaufgang zum Magdeburger Fürstenwall fand Katrin Gleich die „Europa und
der Stier“ des Bildhauers Lutz Holland. Er schuf die kleine Plastik im Jahr 1982, als in
der DDR das westliche Europa immer noch ein kaum erreichbarer weißer Fleck auf der
Landkarte war. Inzwischen droht sich der Kontinent wieder zu entzweien. Grund genug,
an die Skulptur und ihren tieferen Sinn zu erinnern.
FOTO DES MONATS
Foto: K. Gleich
Die Redaktion: Noch immer erreichen uns
Gratulationen zum 15jährigen Bestehen von
, über die wir uns sehr freuen.
Deshalb hier noch einige.
Produktes. Dem, und Ihnen, wünsche ich noch
viele erfolgreiche Jahre.
Da zu hofen bleibt, dass nicht alles falsch
ist, was aus den USA kommt, empfehle ich
Ihnen die tägliche Tasse Kafee am Morgen.
Für die erhöhte Lebenserwartung, gemäß der
US-Studie, über die Sie auf Seite 35 (aspekt-
Ausgabe 04-2025, d. Red.) berichten.
Ekkehart Gämlich, Magdeburg
Autopark Stadtpark
Bei dem schönen Wetter zieht es viele Men-
schen in den herrlichen Magdeburger Stadt-
park und an die Elbe. Wir sind mit Freunden
extra aus Köthen angereist, um genau das zu
genießen. Was uns aber negativ aufgefallen
ist: Überall in großen Städten versucht man,
den Autoverkehr möglichst aus den Innen-
städten herauszuhalten. Im Magdeburger
Stadtpark aber hat man den Eindruck, dass
jeder mit seinem Auto möglichst den gesam-
ten Park befahren möchte. Kann man da nicht
mehr Rücksicht auf Spaziergänger nehmen
Karolin Strohbaum, Köthen
aspekt 04-2025, Seite 20
Wirtschaft vor großen
Herausforderungen
Düsteres Bild
Die Industrie- und Handelskammern Halle-
Dessau und Magdeburg vertreten rund 110.000
Unternehmen in Sachsen-Anhalt. Wenn diese
beiden Kammern ein so düsteres Bild der
Wirtschaftsentwicklung zeichnen, dann kann
einem Angst und Bange werden. Wenn dann
auch noch Dow Chemical in Leuna wegbricht,
was bleibt dann für unser Bundesland noch
als Perspektive?
Gregor Richter, Halle/Saale
05/2025
7
Allerdings kommt es natürlich auch
noch auf die richtige Art und Weise
der Bande an. Mittlerweile gibt es
zweite Bandenreihen sowie zusätzli-
che Eckbanden und Of-Banden für
die Fans auf den Tribünen.
Sind es in den profanen Kreisligen
Aufsteller mit Plakaten der regionalen
Sponsoren, so geht es in den höheren
Ligen schon richtig modern zu. Im eu-
ropäischen Ausland sind Videobanden
schon lange gang und gäbe, mit beweg-
lichen Bildern, manchmal fahrenden
Autos oder springenden Pferden. Dem
Geschmack oder dem Geldbeutel sind
keine Grenzen gesetzt. Letzter Schrei
sind die LED-Banden.
Deutschland hinkt aber wieder mal ein
wenig hinterher. Erst 2007 haben Ver-
treter der Bundesligavereine Richtlini-
en für den Einsatz solcher Werbeban-
den mit beweglichen Bildern aufgestellt.
Schließlich muss alles seine Ordnung
haben. Schon eine Saison später sah
man immer mehr leuchtende Spielfeld-
ränder. Im Vergleich zur Drehbande
waren die Videobanden teurer. Der
Vorteil aber war, dass mehr Sponsoren
draufpassten und somit zusätzliches
Geld in die Fußballvereinskassen foss.
2010 verfügten bereits sieben der 18
Vereine in der Bundesliga über LED-
Banden, wenige Jahre später alle. Als
letzter Verein stellte Borussia Mön-
chengladbach sein System von stati-
schen Banden auf die kleinen LED-
Leuchten um. Ganz billig war dieser
Spaß natürlich nicht. Für so ein LED-
Bandensystem kann man je nach Pi-
xelabstand zwischen einer halben bis
zu 1,5 Millionen Euro auf das Spielfeld
legen.
Das muss natürlich wieder reinkom-
men. Die Fußballfelder strecken? Das
geht auch nicht. Aber wozu haben wir
exzellente Forscher? Und genau die
fanden eine Lösung.
Trotz des Zeitalters des digitalisierten
Marketings hat das LED-Banden-For-
mat neben der begrenzten Länge ei-
nen weiteren Nachteil: Alle Zuschauer
sehen dieselbe Werbung, egal, in wel-
chem Land oder welcher Region.
Nun hat das Fraunhofer-Institut für
Intelligente Analyse- und Informati-
onssysteme IAIS eine Technologie ent-
wickelt, die es ermöglicht, die Inhalte
auf den Banden für jede Zielgruppe
anzupassen. Bei einem weltweit über-
tragenen Fußballspiel sehen Millionen
Zuschauer dieselben Banden, aber je-
weils mit verschiedenen Inhalten. Das
ist natürlich ein Knüller, für den man
gern Steuermittel zur Förderung von
Wissenschaf und Technik opfert.
Und diese Idee lässt sich ausbauen. Wie
wäre es denn, wenn die richtigen Fans
auch nur die Spieler sehen, die sie se-
hen wollen, selbst wenn die in einer
anderen Mannschaf spielen. Das wär´
doch was! Allerdings natürlich nur ge-
gen einen kleinen Aufpreis.
KOLUMNE
Über Bande spielen
Bande ist nicht gleich Bande. Die einen knacken einen Tresor, die anderen stehen ganz ofiziell im
Fußballstadion. Beiden gemeinsam ist, dass sie jede Menge „Kohle“ schaufeln. Viele meinen,
die rund 240 Meter Bandenwerbung würden kaum beachtet. Doch weit gefehlt.
8
05/2025
SACHSEN-ANHALT AKTUELL
Die
Schauspiel-Inszenierung
„Blut-
buch“ des Teaters Magdeburg ist beim
Berliner Teatertrefen 2025 zu sehen.
Damit ist erstmals in der Geschichte des
Teaters eine Inszenierung aus Magde-
burg bei diesem seit 1964 bestehenden,
renommiertesten Teaterfestival im
deutschsprachigen Raum vertreten. Die
Vorstellungen laufen im Berliner Deut-
schen Teater.
Das 62. Teatertrefen fndet vom 2. bis
18. Mai 2025 statt.
Die zehn bemerkenswertesten Inszenie-
rungen wurden in diesem Jahr von ei-
ner Kritikerjury aus 738 Produktionen
aus 88 Städten im deutschsprachigen
Raum ausgewählt und zum Teatertref-
fen eingeladen.
Nach mehrjähriger Schließzeit ist seit
1. Mai das Steinzeitdorf in Randau
wieder eröffnet. Durch eine Koopera-
tion zwischen den Pfeifferschen Stif-
tungen und dem Förderverein Randau
können das Areal und die Gebäude
bewirtschaftet und Öffnungszeiten
für Schulklassen sowie Besucher si-
chergestellt werden. Das Steinzeitdorf
war seit 2022 wegen des Wegfalls einer
Projektförderung geschlossen.
Magdeburg hat die Modernisierungs-
und Sanierungsmaßnahmen an den
steinzeitlichen Häusern mit 600.000
Euro fnanziert. Unter anderem wur-
den das Grubenhaus instandgesetzt
und umfangreiche Arbeiten am Lini-
enbandkeramikhaus samt Reeteinde-
ckung, ausgeführt. Weitere 350.000
Euro sind bis 2026 geplant.
Das Steinzeitdorf Randau wurde 2001
als Freilichtmuseums am Nordrand von
Iris Albrecht, Anton Andreew, Marcel
Jacqueline Gisdol, Julia Buchmann.
Foto: Theater Magdeburg/Kerstin Schomburg
Foto: Wikimedia
Magdeburg wurde seit jeher von der
Elbe geprägt. Aktuell entsteht aller-
dings der Eindruck, als sei der Fluss,
was die Schiffahrt anbetrif, ein we-
nig in Vergessenheit geraten. Was ist
geblieben von der regen Binnenschif-
fahrt in Magdeburg?
Diesen Fragen gehen Dorothea Lübbe
und Nadja Gröschner in ihrem Projekt
„Elbe ohne Fracht“ nach und begeben
sich auf die Spuren der ehemaligen
Schifer und ihrer Geschichten mit einer
Phantasiereise in die Vergangenheit.
Der etwa drei Kilometer lange Spa-
ziergang führt von der Zollbrücke aus
direkt auf den Kleinen Werder, vorbei
am Denkmal für den Geheimen Ober-
baurat Teodor Kozlowski, am alten
Kapitänshaus, an Tomas Leus Skulp-
tur „Spanten eines Schifs“ bis zur Spitze
des Kleinen Werders. Immer entlang an
der Elbe, also in Kontakt mit dem Fluss,
der damals eine Hauptverkehrsader der
Binnenschiffahrt war. Premiere ist am
18. Mai, Trefpunkt Zollbrücke. Weitere
Termine: 21., 24. und 28. Mai.
„Spanten eines Schifs“ ist der Titel für das
Denkmal von Thomas Leu auf der Spitze
des Kleinen Werders in Magdeburg.
Foto: Dorothea Lübbe
Kein Schif in Sicht?
Die Jungsteinzeit hat wieder eine Heimat
„Blutbuch“ beim Theatertrefen
05/2025
9
Die gegenwärtige Ausstellung „Opé-
ration Béton“ der ukrainischen Künst-
lerin Marta Dyachenko im Kunstmu-
seum Magdeburg ist noch bis zum
15. Juni zu sehen.
Marta Dyachenko setzt sich mit ih-
ren Werken mit dem Verhältnis von
Mensch, Natur und gebauter Umwelt in
Betonskulpturen auseinander. 1990 in
Kiew in der Ukraine geboren, lebt und
arbeitet sie heute in Berlin. Sie studierte
Architektur und Bildende Kunst an der
Universität der Künste Berlin. In ihren
installativen Arbeiten verbindet sie
Betonskulpturen mit Fragmenten von
Landschafen und urbanen Infrastruk-
turen, erschaf Neues in dem sie Altes
verwendet. Besonders deutlich wird das
im Werkkomplex „re“ – eine Reihe von
Skulpturen, die sich mit Temen wie
Wiederverwendung, Erinnerung und
Rekonstruktion auseinandersetzen. Der
Werkstof Beton steht gleichermaßen
für das Ende wie für den Anfang, für
Ruine und Wiederaufau.
Zum 15. Tag der Industriekultur
öfneten sich Mitte April überall in
Sachsen-Anhalt die Tore ehemaliger
Werkhallen, Zechen, Museen und tech-
nischer Denkmale. Sie stellten einen
neuen Rekord auf: Mehr als 80 Standor-
te in allen Landesteilen verbanden sich
unter dem Motto „Zukunf erinnern“
und zeichneten ein eindrucksvolles
Bild aus Stahl und Dampf, Pioniergeist
und Innovation. Wo einst nach Salz,
Kohle und Erzen gegraben wurde, der
erste Farbflm und die erste Kunstfaser
der Welt entstanden oder Bauhaus-
Architektur das moderne Bauen prägte,
wurde das reiche industrielle Erbe der
Region lebendig.
Das Salinemuseum Halle vermittelte
die Bedeutung des weißen Goldes und
die Arbeit der Siedemeister. Im Harz
beeindruckte
das
Erlebniszentrum
Bergbau Röhrigschacht Wettelrode, wo
es mit der Grubenbahn tief in ein ehe-
maliges Kupferschieferbergwerk ging.
Und mit dem Schifshebewerk Rothen-
see in Magdeburg stand ein einzigarti-
ges Bauwerk im Fokus, das wie kaum
ein anderes Technik und Wasserbau-
kunst vereint.
Veranstaltet wird der Tag der Indust-
riekultur von Vereinen, Unternehmen
und Initiativen vor Ort. Koordiniert
wird er vom Netzwerk Industriekultur
Sachsen-Anhalt, einer Kooperation
zwischen der Ferropolis Stifung In-
dustriekultur, dem Landesheimatbund
und dem Museumsverband Sachsen-
Anhalt.
Foto: Wikimdia
Ein Werkstof für Ende und Anfang
Eine Industrieregion erinnert sich
Foto: Kunstmuseum Magdeburg
Randau, einer Siedlung des Magdebur-
ger Stadtteils Randau-Calenberge, an-
gelegt.
Den Ursprung der Anlage bilden die
4.500 Jahre alten – in einer Talsand-
düne am Ufer der Elbe geborgenen
– Reste eines jungsteinzeitlichen Pfos-
tenhauses aus der Schönfelder Kultur.
Sie wurden 1941 durch Bodendenk-
malpfeger Hans Lies gesichert und
verschiedenen Museen übergeben.
Auf dem zwei Hektar großen Gelände
fnden sich Nachbauten eines histo-
rischen Lehmbackofens, eines band-
keramischen Langhauses, eines früh-
mittelalterlichen Grubenhauses und
eines Palisadenzaunes. In einem Teil
der Anlage wurden Gehölze aus der
Jungsteinzeit angepfanzt, außerdem
werden historische Nutzpfanzen wie
Einkorn und Emmer gezeigt. In den
Gebäuden sind Werkzeuge, Wafen
und Hausrat der jeweiligen Epoche
ausgestellt.
10
05/2025
Am Anfang steht die Idee. Das kann
ein neues Produkt sein, ein digitales
Programm, eine Innovation innerhalb
eines chemischen Prozesses – ganz
gleich. Es ist das Wesen von Unterneh-
mern, von Erfndern, von StartUps,
von Entwicklungsbüros oder pffgen
Mitarbeitern, Vorhandenes zu verbes-
sern, Neues zu schafen, Prozesse zu
optimieren. Das ist gut so, doch nur
selten werden die Ideen zu Ende ge-
dacht. Und genau das könnte irgend-
wann das Ende der Entwicklung sein.
In diesen Tagen hat im Magdeburger
Industriehafen die Firma Solar Materi-
als das modernste Recyclingunterneh-
men für Solarmodule in Deutschland
eröfnet. aspekt war dabei und berichtet
auf den Folgeseiten ausführlich darüber.
Drei junge Männer haben mit, zugege-
ben kräfiger Unterstützung von Inves-
toren und dem Bundesland, etwas auf
die Beine gestellt, das mit der eingangs
gestellten Frage direkt zu tun hat. Ihre
Idee war nämlich: Was passiert eigent-
lich mit den Solarmodulen, wenn sie
mal kaputt gehen, oder ihre Zeit abge-
laufen ist?
Sie haben sich diese Frage der Fragen
gestellt, daraus eine Idee entwickelt und
umgesetzt. Chapeau! Noch wichtiger
ist allerdings, warum bei der Entwick-
lung von Solarmodulen niemand daran
gedacht hat, was damit passiert, wenn
sie einmal keinen Strom mehr liefern
können?
Die Antwort? Niemand hatte einen
solchen Gedanken! Seit mindestens 20
Jahren gibt es Solarmodule. Fachleute
wissen, dass damit die Nutzzeit schon
fast überschritten ist. Was passiert denn
nun mit den tausenden Panels, die in
der Landschaf stehen? Alles auf die
Halde? Schrott?
Ohne Druck kein Handeln
Wieso müssen Ideen, Innovationen und
Prozesse für die Kreislaufwirtschaf im-
mer erst dann entwickelt werden, wenn
extremer Druck herrscht, weil man eben
nicht an das Ende gedacht hat? Es ist ein
Wesenszug des Kapitalismus, dass der
Proft eingespielt werden muss. Alles an-
dere ist nachrangig. Um die Folgen kann
man sich kümmern, wenn es nicht mehr
anders geht. Das gilt für den Ruin der
Umwelt ebenso, wie für die Ausbeutung
von Ressourcen. Außerdem ist es in ei-
ner globalen Wirtschaf ein weltweites
Problem, denn nicht selten werden die
Auswirkungen toxischen Wirtschafens
dahin ausgelagert, wo man es nicht sieht.
Bei den Solarmodulen auf der Lager-
fäche von Solar Materials sieht man es.
350.000 Panels liegen dort fein säuber-
lich gestapelt, warten auf die Zerlegung.
Und das ist nur ein Tropfen auf den
heißen Stein. Doch mehr dazu auf den
nächsten Seiten.
In Schkopau entsteht die modernste
Anlage Europas zur Phosphorrückge-
winnung aus der Asche von verbrann-
tem Abwasser-Klärschlamm. Phosphor
ist für die Landwirtschaf und damit
für die Menschheit überlebenswichtig.
Ohne Düngemittel, deren wesentlicher
Bestandteil Phosphor ist, würde nur
noch sehr wenig auf den Äckern wach-
sen. Die Ernährung von so vielen Men-
schen, vor allem in dem Umfang und
der Qualität, wäre illusorisch. Hungers-
not ohne Phosphor?
Ohne eine Dystopie herbeireden zu wol-
len, aber bedenkt man, dass die bekann-
ten Lagerstätten für Phosphor, der auch
nur unter sehr komplizierten Bedingun-
TITEL
DAS MUSS DER ANFANG WERDEN
Anfang und Ende. Alles auf der Welt wird davon bestimmt, das weiß jedes Kind. Und dennoch handelt die
Wirtschaft überall auf der Erde, als ob sie noch nie etwas davon gehört hätte. In Entwicklungsbüros wird nach
neuen Lösungen gesucht, in Universitäten forscht man, welche Prozesse efizienter erledigt werden können,
StartUps knobeln, wie sie ihre Idee in die Tat umsetzen können.
Nur an eines denkt kaum jemand. Was wird gebraucht, was wird verbraucht, und wie kann ich das Ergebnis
am Ende seiner Zeit in den Kreislauf der Wiederverwertung einreihen?